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AGAIN & AGAIN

Wiederholung ist ein Zeichen von Stil. Wer mit jeder Saison seinen Geschmack ändert, wird niemals Stil entwickeln. Wer mit jedem Hemd seinen Look wechselt, wird sich niemals selbst gehören. 

For Sale © Peter Lindbergh / Interview Magazine 2013

»The Lady ist not for turning«. Das jedenfalls hat Margaret Baroness Thatcher behauptet, die erste weibliche Premierministerin des Vereinigten Königreiches. Eine Dame lässt sich nicht verbiegen. 

Die »Eiserne Lady« ist bekannt für ihren immer gleichen Stil – ein strenges Kostüm, eine Schleifenbluse und natürlich die berühmte Handtasche, die sie gern mal als Waffe gegen aufmüpfige Oppositionelle einsetzt. Das britische Wörterbuch kennt seither den Ausdruck »to handbag« als Metapher für den Kampf gegen politische Gegner. Auch so kann man einen Stil prägen.

Dior Fall/Winter 2019 © Dior

Stil setzt Kontinuität und Beständigkeit voraus. »Die Frauen wollen Abwechslung, doch das ist ein Fehler«, hat die legendäre Coco Chanel gewußt, die eine stilprägende Ästhetik für ganze Generationen entwickelt hat. »Ich bin gegen eine Mode, die nicht dauert. Ich bin für das Glück, und das ergibt sich nicht aus der Abwechslung«.

Zhou Xunthe in «The Little Black Jacket« © Karl Lagerfeld / Carine Roitfeld 2012

Trends? Moden? Immer neue Abwechslung? Mit Stil hat das nichts zu tun. Kleidung ist ein Ausdruck der Persönlichkeit. Man macht sich nicht abhängig von Trends. Man ist der Trend. Man läuft keiner Mode hinterher. Man hat seinen eigenen Stil. »Mode ist vergänglich, Stil bleibt«. Auch das ist ein Statement von Mademoiselle. 

Wiederholung ist langweilig? Ganz im Gegenteil! Wer das Prinzip der Wiederholung mit einem »Och-immer-dasselbe« verwechselt, verkennt die Kraft, die man braucht, um seinen eigenen Stil gegen alle Wechselfälle der Mode zu behaupten. Auch den Mut, den man braucht, um man selbst zu sein.

Kate Moss in Chanel, Paris © Arthur Elgort / Vogue Italia 1994

Die Wiederholung, wenn man sie hartnäckig und lange genug durchhält, wird zum »Signature Look«. Vor allem Menschen, die beruflich mit dem ständig wechselnden Modezirkus zu tun haben, wissen das. Coco etwa hat in ihren späten Erfolgsjahren nie etwas anderes getragen als ihren persönlichen »Signature Style«. Ein Chanel-Kostüm natürlich, eine Seidenbluse, große Ohrclips, eine Perlenkette.

Marie-Hélène Arnaud in Chanel © Santé Forlano / Vogue 1958

»Again & Again«. Auch Designerin Miuccia Prada trägt immer denselben Style, wenn sie nach ihrer Show kurz um die Ecke schaut. Carine Roitfeld, die ehemalige Chefredakteurin der französischen Vogue, trägt fast ausschließlich Bleistiftröcke, eng taillierte Blazer und schwindelerregend hohe Pumps zu immer denselben dramatisch geschminkten Augen. 

Carine Roitfeld © presse Uniqlo 2016

Anna Wintour, die Chefredakteurin der amerikanischen Vogue, ist ebenfalls berühmt für ihren »Signature Look«. Der akkurat gefönte Bob, die unvermeidliche Sonnenbrille, das gemusterte Kleid, der taillierte Mantel. 

Mit einem »Signature Look« wird man nicht geboren. Stil ist Arbeit – auch und vor allem an sich selbst. Angelica Blechschmidt etwa, die frühere Chefredakteurin der deutschen Vogue, hatte sich ihren »Signature Look« relativ spät zugelegt, ihn dann aber bis zuletzt konsequent zelebriert. 

Amber Valletta © Peter Lindbergh / Vogue Italia 2013

Es war ein expressiver Couture-Look mit hochtoupiertem Haar, schwarzen Cocktailkleidern, schweren Ringen und High Heels ohne Strümpfe, selbst im kältesten Winter. Kalte Füße? »Ich lasse mich nicht vom Wetter tyrannisieren«, hat Blechschmidt geantwortet. Das hat Stil.

Jennifer Lawrence, Dior Pre-Fall 2020 ad campaign © Brigitte Niedermair / Dior 

Die Beispiele aus der Modewelt mögen inspirieren. Doch ein eigener Stil, der auf dem Prinzip der Wiederholung basiert, darf durchaus alltagstauglich sein. Er braucht keine Extravaganz. Aber ein gewisses Maß an Eleganz. Manche Dinge werden auch durch hundertfache Wiederholung nicht stilvoll. 

The Row Resort 2016 Collection © Vogue

Für das Prinzip des »Again & Again« gilt dasselbe wie für Stil überhaupt. Keine Kompromisse, kein Mittelmaß. Qualität ist unverzichtbar. Schlichtheit ebenso. Einfachheit und Zurückhaltung sind die Grundlagen jeder Eleganz. Das hat der französische Couturier Christian Dior schon 1954 gewußt. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Dior New Couture 2011© Patrick Demarchelier / Dior

Das Schlichte ist zeitlos und immer wieder schön. Ein kleines schwarzes Kleid, ein dunkler Blazer, ein Cardigan, ein schlichtes weißes Hemd, eine Tweedjacke. Die muss nicht von Chanel sein. Überhaupt: Man trägt kein Label – man trägt sich selbst. 

Prada Spring/Summer 2020 ad campaign © Jamie Hawkesworth / Prada

Das Prinzip der Wiederholung ist das Gebot der Stunde. Nicht nur in der aktuellen Krise wird der hemmungslose Kaufrausch der vergangenen Jahrzehnte fragwürdig. Eine nachhaltige Ästhetik und Ethik des Konsums findet immer mehr Anhänger. 

Viel und billig kaufen, kurz tragen, schnell wegwerfen. Die »Fast Fashion-Industrie«, die auf permanente Abwechslung drängt und immer das »Neue« sucht, ist für Umwelt und Klima weit schädlicher als sämtliche Flugreisen weltweit. Sie verschwendet und verschmutzt wertvolle Ressourcen und produziert gigantische Müllberge. Von den Arbeitsbedingungen in den armen. meist asiatischen Länden, ganz zu schweigen.

For Sale © Peter Lindbergh / Interview Magazine 2013

Wir alle wissen das. Kaufen wir nun weniger und ausgesuchter? Bessere Qualitäten, die wir eine lange Zeit tragen? »Again & Again«?

»Rethink your style«!

Beitragsbild © Peter Lindbergh / Vogue Italia 2015 

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