»Pink is Punk«, steht auf einem T-Shirt von Valentino. Pink ist das Logo der Barbie Puppen – eine Farbe für kleine Mädchen. Pink ist der Cadillac von Elvis Presley in Las Vegas, 1955. Pink sind die »Pussyhats« auf dem Frauenmarsch in Washington 2017.
Pink ist ein Statement. Pink polarisiert. Pink ist ein höchst umstrittener Farbton, der entweder leidenschaftliche Sympathie oder heftige Ablehnung provoziert. Die einen lieben diese Farbe, die anderen finden sie albern, kitschig oder vulgär.
Pink ist das Abendkleid, das Marilyn Monroe 1953 in »Gentlemen Prefer Blondes« trägt. Mit passenden Handschuhen und einer großen Schleife auf dem Po. Süß wie ein Bonbon.
Pink ist auch das legendäre Kostüm samt Pillbox, das Coco Chanel 1963 für die Präsidentengattin Jackie Kennedy entwirft. Nach den Schüssen von Dallas ist das Rosa blutrot gefärbt. Pink ist zwar die Farbe der Weiblichkeit, aber nicht unbedingt auch die Farbe des Glücks.
Die 50er und 60er Jahre sind eine geradezu pinke Epoche. »Pretty in Pink« lautet der Slogan, der von den amerikanischen Fashion-Magazinen jener Zeit propagiert wird. Pink passt perfekt zum damaligen Rollenverständnis. Die Farbe wird zunehmend geschlechtsspezifisch kodiert und zum Synonym für Weiblichkeit schlechthin.
Auch im Interior Design ist Pink plötzlich gefragt. Ein pinker Paravant, ein pinkes Telefon, ein pinkfarbener Toaster. Kennt noch jemand diese zickigen Cocktailsessel, bezogen mit rosa Samt oder Satin?
Pink war nicht immer eine weibliche Farbe. Im 18. Jahrhundert avanciert ein pudriges Pink in der europäischen Aristokratie zum luxuriösen Statussymbol und wird sowohl von den Damen als auch den Herren des Adels getragen.
Madame de Pompadour, die Mätresse Ludwigs XV., liebt diese Farbe so sehr, dass der französische Porzellanhersteller Sèvres 1757 seinen exquisiten neuen Rosaton nach ihr benennt. »Pompadour Pink«.
In der aristokratischen Tradition stehen übrigens auch die pinken Kleider, Mäntel und Hüte, die Queen Elisabeth II. mit Vorliebe trägt. Wie viele pinke Outfits sie besitzt, ist natürlich ein Staatsgeheimnis.
Den Überblick hat der britische Couturier Stewart Parvin, der seit Jahren im Dienste Ihrer Majestät alle Outfits katalogisiert und geradezu militärisch verwaltet. Die pinken Modelle werden in so systematischen Abständen getragen, dass man den Eindruck hat, die Königin käme niemals im selben Rosenton.
Pink ist romantisch und »sweet«. Pink ist erotisch, mondän und »shocking«. Seit dem 19. Jahrhundert werden immer mehr pinke Dessous produziert, die Farbe bekommt eine erotische Konnotation und wird mit nackter Haut assoziiert. Die erotischen Zonen des weiblichen Körpers bezeichnet man auch als »rosa Teile«.
Durch die industrialisierte Produktion werden pinke Produkte zu Massenartikeln. Zugleich kommen immer billigere Farbstoffe auf den Markt, zum Beispiel ein grelles und eher vulgäres Magenta, das häufig von Prostituierten getragen wird.
In der Kosmetik dient Pink bis heute der Erotik. Ein pinker Lippenstift signalisiert Jugend und Schönheit, ein pinkes Rouge auf den Wangen simuliert ein verschämtes Erröten.
In den 70er Jahren kommt Pink ziemlich aus der Mode. Seit den Achtzigern ist die Farbe wieder da, allerdings deutlich kantiger und kühler. Pink wird rebellisch und androgyn.
Die Designer stellen die traditionellen Vorstellungen in Frage. Claude Montana etwa kreiert 1980 einen pinken »Power-Anzug«, Jean Paul Gaultier entwirft 1984 sein ikonisches »Bullet-Bra-Bustier«, das Madonna auf ihrer »Blonde Ambition«-Tour 1990 trägt.
Designer wie Alexander McQueen und Vivienne Westwood machen Pink zu einer punkigen Farbe. Das klassische schottische Tartan-Muster ist plötzlich pink. »Red is dead, blue is through, green’s obscene, brown’s taboo«. Was bleibt also? Pink!
Vor allem Rei Kawakubo, die radikale Designerin hinter dem japanischen Label Comme des Garçons, bricht endgültig mit dem Klischee von Ballerinas, Barbies und Bubblegums. »Pink Is Punk!«
Kawakubos Kollektionen sind auch eine Antwort auf die pinke »Lolita Fashion« einer japanischen Subkultur, die Ende der 1970er Jahre im Tokioter Stadtteil Harajuku entsteht. Junge Mädchen und Frauen stylen sich zu niedlichen Puppen – mit pinken Kleidchen, pinken Schleifen, pinken Strümpfen und großen Kulleraugen.
Heute darf Pink alles sein. Poppig und punkig, romantisch und rebellisch, sweet und sophisticated, kitschig und königlich, elegant und extravagant. Think Pink!
Beitragsbild Abendkleid »Paris Rose« von Yves Saint Laurent, 1983 © Museé Yves Saint Laurent Paris